11.11.2013 - Interessanter Artikel aus der NZZ - Danke an alle Arbeitgeber!!!

Wenn es brennt

 

Ausser über ihren Bestand muss sich die Feuerwehr auch über andere Entwicklungen Gedanken machen. Die Zahl der Feuerwehrleute ist ab 1991 stark gesunken und hat sich inzwischen bei etwa 8000 eingependelt. Die Kombination von Berufs- und Milizfeuerwehr funktioniert gut. Sinken die Zahlen aber weiter, muss nach neuen Lösungen gesucht werden.

 

Ümit Yoker

Man könnte meinen, der Rauch sei die Folge eines Feuers und komme nicht aus einer Nebelmaschine, so ernst blicken die Mitglieder der Kompanie Zürichberg. Ihr Einsatz in der Werft der Zürichsee-Schifffahrtsgesellschaft ist eines von mehreren Notfallszenarien gewesen, die die Milizfeuerwehr der Stadt Zürich am Wochenende als Aufgabe zu bewältigen hatte.

Die rund 400 Mitglieder der städtischen Milizfeuerwehr unterstützen und verstärken die etwa halb so grosse Berufsfeuerwehr in Zürich. Sie löschen nicht nur Brände, sondern kümmern sich auch um Verletzte, leisten Verkehrsdienst oder beseitigen Sturmholz und rücken aus, wenn bei einem Betriebsunfall Giftstoffe austreten oder ein Ölfilm die Limmat zu verschmutzen droht. Zürich ist neben Winterthur die einzige Gemeinde im Kanton mit einer Berufsfeuerwehr, in den übrigen Gemeinden ist die Feuerwehr ausschliesslich im Milizsystem organisiert.

10 Mann in 10 Minuten

Noch zu Beginn der 1990er Jahre lag die Zahl der Feuerwehrleute im Kanton bei etwa 27 000. Mit der Aufhebung der Feuerwehrpflicht setzte damals ein drastischer Rückgang ein, der erst vor wenigen Jahren abgeflacht ist. Bis 1991 hatten die Zürcher – die Zürcherinnen waren von der Verpflichtung ausgenommen – entweder Feuerwehrdienst zu leisten oder eine entsprechende Steuer zu zahlen. Heute gibt es noch rund 8000 Feuerwehrmänner und Feuerwehrfrauen – Letztere machen etwa einen Zehntel aus. Die Leistungsfähigkeit der Feuerwehr habe mit dem verringerten Bestand nicht abgenommen, sagt Kurt Steiner, Leiter der Abteilung Feuerwehr bei der Gebäudeversicherung des Kantons Zürich. Im Gegenteil ist er überzeugt, dass die damals erfolgten Investitionen in Ausbildung, Fahrzeuge und Alarmierung die Arbeit effizienter gemacht haben. 2012 haben die Feuerwehren im Kanton rund 12 500 Einsätze geleistet, knapp ein Drittel davon in der Stadt Zürich. Zur weiteren Effizienzsteigerung könnte laut Steiner eine verstärkte Zusammenarbeit der Gemeinden beitragen: Bei 95 Milizfeuerwehren im Kanton gibt es durchaus Potenzial für Zusammenlegungen, die die Einhaltung der wichtigsten Vorgabe – ab Alarmierung müssen innerhalb von 10 Minuten 10 Einsatzkräfte am Schadensort eintreffen – nicht gefährden. Würde das Feuerwehrwesen von Grund auf neu aufgebaut und jede Organisation an der bestmöglichen Lage positioniert, würden 65 bis 70 Feuerwehren ausreichen.

Appell an Arbeitgeber

Das Milizsystem funktioniert heute gut, wie Steiner sagt. Sollte der Bestand aber 5500 Mitglieder unterschreiten, müsste eine flächendeckende Einführung der Berufsfeuerwehr in Erwägung gezogen werden. Diese käme den Kanton deutlich teurer zu stehen als das heutige System. Während die Milizfeuerwehr – Einsätze, Löhne und Ausbildungskosten eingerechnet – 100 Millionen Franken pro Jahr kostet, wären es bei der Berufsfeuerwehr etwa 350 Millionen Franken.

 

Derzeit bereitet der Feuerwehr aber etwas anderes mehr Sorge. Mit der zunehmenden Distanz zwischen Wohn- und Arbeitsort sinkt die Verfügbarkeit von Feuerwehrleuten tagsüber stetig. Verschärft wird die Situation durch die abnehmende Bereitschaft der Arbeitgeber, ihre Angestellten für Feuerwehreinsätze oder Kurse freizustellen. Entsprechend zielen Kampagnen der Feuerwehr nicht nur auf die Rekrutierung neuer Mitglieder, sondern appellieren auch an Arbeitgeber, etwa indem sie den Nutzen eines Feuerwehrmannes und dessen Wissen für den eigenen Betrieb aufzeigen. Schliesslich können Notfallszenarien überall vorkommen.

 

Neue Zürcher Zeitung vom 11.11.2013, Seite 12